Um die Jahrhundertwende brodelte es in Wien. Ned nur politisch und gesellschaftlich, sondern vor allem künstlerisch. Inmitten dieser Aufbruchsstimmung entstand die Wiener Secession, eine Bewegung, die wie kaum eine andere die Kunstszene revolutionierte und Wien endgültig auf die Landkarte der Moderne setzte. Es war a Zeit des radikalen Bruchs mit verstaubten Traditionen, a Suche nach neuen Ausdrucksformen und a Bekenntnis zur Freiheit der Kunst. Mei Faszination für diese Epoche is ungebrochen, denn sie zeigt eindrucksvoll, wie Kunst zum Motor für Veränderung werden kann.
Der ‚heilige Frühling‘: Die Geburt der Secession
Es war der 3. April 1897, als sich a Gruppe von Künstlern, darunter klingende Namen wie Gustav Klimt, Koloman Moser, Josef Hoffmann und Joseph Maria Olbrich, vom konservativen Wiener Künstlerhaus lossagte. Der Grund? A tiefgreifende Unzufriedenheit mit dem dort vorherrschenden Historismus, der sich an alten Stilen orientierte und kaum Raum für Neues ließ. Inspiriert von ähnlichen Bewegungen wie der Münchner Secession, wollten die Wiener Künstler ihre eigene Vision verwirklichen: eine Kunst, die am Puls der Zeit is, international vernetzt und frei von akademischen Zwängen. Ihr Wahlspruch ‚Ver Sacrum‘ – der heilige Frühling –, der bis heute den Eingang des Secessionsgebäudes ziert, wurde zum Symbol für diesen Neubeginn und die Hoffnung auf eine künstlerische Blütezeit.
Gustav Klimt: Goldrausch und Seelenlandschaften
Wenn ma über die Wiener Secession spricht, kommt ma an Gustav Klimt ned vorbei. Er war ned nur Gründungsmitglied und erster Präsident, sondern a die prägendste Figur der Bewegung. Klimt, ursprünglich in der akademischen Tradition ausgebildet, vollzog eine beeindruckende künstlerische Wandlung. Seine ‚goldene Phase‘, in der er Blattgold und leuchtende Pigmente meisterhaft einsetzte, brachte Werke hervor, die bis heute faszinieren. Man denkt sofort an ‚Der Kuss‘ (1907-1908), a Ikone des Jugendstils und a Publikumsmagnet im Belvedere, des kurz nach seiner Entstehung vom Staat angekauft wurde. Oder an den monumentalen Beethovenfries im Secessionsgebäude (1901-1902), a kühne Hommage an Beethovens 9. Symphonie, die byzantinische Mosaike und japanische Holzschnitte zitiert und Klimts Fähigkeit zur Synthese verschiedenster Einflüsse demonstriert. Klimt brach mit Konventionen, stellte den weiblichen Körper oft sinnlich und symbolisch dar und schuf tiefgründige Allegorien und Porträts, die weit über die reine Abbildung hinausgingen.
Mehr als nur Dekoration
Klimts Kunst war oft dekorativ, aber niemals oberflächlich. Seine ornamentalen Landschaftsbilder wie ‚Bauerngarten‘ (1907) oder mythologische Darstellungen wie ‚Der Lebensbaum‘ (1905) zeigen a tiefe Verbundenheit mit der Natur und a Suche nach universellen Themen. Selbst seine expliziteren erotischen Zeichnungen, die oft erst nach seinem Tod bekannt wurden, zeugen von einem unkonventionellen Geist, der die Grenzen des damals Akzeptierten auslotete. Klimts Werk verkörperte den revolutionären Anspruch der Secession, Kunst und Leben zu verbinden und neue ästhetische Wege zu beschreiten. Sein Einfluss auf nachfolgende Künstler wie Egon Schiele war enorm und sein Erbe lebt in den großen Museen der Welt weiter.
Architektur als Manifest: Das neue Gesicht Wiens
Die Revolution der Secession beschränkte sich ned auf Leinwand und Papier. Sie erfasste auch die Architektur und prägte das Wiener Stadtbild nachhaltig. Allen voran steht das von Joseph Maria Olbrich entworfene Secessionsgebäude (1897-1898) selbst – a weißer Kubus mit der markanten goldenen Kuppel aus Lorbeerblättern, oft liebevoll ‚Krauthappel‘ genannt. Es war als moderner Ausstellungstempel konzipiert, a sichtbares Manifest der Bewegung und ihrer Abkehr von historisierenden Prachtbauten. Olbrich, dessen Ideen auch in Publikationen wie ‚Ideen‘ Verbreitung fanden, schuf damit ein Wahrzeichen der Moderne.
Otto Wagner und der Puls der Großstadt
Neben Olbrich war Otto Wagner die zentrale Figur der Wiener Jugendstilarchitektur. Als Lehrer und Planer verstand er es wie kein anderer, die Bedürfnisse der modernen Großstadt mit einer neuen, funktionalen und doch ästhetisch anspruchsvollen Formensprache zu verbinden. Seine Entwürfe für die Wiener Stadtbahn mit ihren eleganten Pavillons, wie am Karlsplatz, das farbenprächtige Majolikahaus an der Wienzeile oder die beeindruckende Kirche am Steinhof (1904-1907) sind Meisterwerke, die bis heute begeistern. Sie zeigen die typischen Merkmale des Wiener Jugendstils: klare Linien, geometrische Ornamente und die Verwendung moderner Materialien.
Der Kontrapunkt: Adolf Loos und die Ornamentlosigkeit
Doch die Wiener Moderne war vielfältig. Als Gegenpol zum oft floralen und ornamentalen Jugendstil trat Adolf Loos auf. Sein berühmtes Looshaus am Michaelerplatz (1909-1911), direkt gegenüber der Hofburg, sorgte mit seiner radikal schmucklosen Fassade für einen handfesten Skandal. Loos‘ Credo ‚Ornament ist Verbrechen‘ stand im krassen Gegensatz zur Ästhetik vieler Secessionisten und zeigte, dass der Aufbruch in die Moderne unterschiedliche, teils widersprüchliche Wege nahm. Diese Spannung zwischen Ornament und Funktion, zwischen Wagner und Loos, macht die Wiener Architektur um 1900 besonders spannend.
Das Gesamtkunstwerk: Jugendstil durchdringt den Alltag
Die Vision der Secessionisten ging weit über die ‚hohen‘ Künste hinaus. Ihr Ziel war das ‚Gesamtkunstwerk‘, die künstlerische Durchdringung aller Lebensbereiche. Inspiriert von internationalen Strömungen wie der britischen Arts & Crafts Bewegung, widmeten sich Künstler wie Koloman Moser und Josef Hoffmann intensiv dem Kunsthandwerk. Möbel, Gläser, Schmuck, Plakate, Buchillustrationen, ja sogar Mode – alles sollte im neuen Stil gestaltet werden. Manufakturen wie die Wiener Werkstätte (gegründet 1903 von Hoffmann und Moser) setzten höchste Maßstäbe in Design und handwerklicher Qualität und trugen den Ruf des Wiener Jugendstils in die Welt hinaus. Dieser Anspruch, Alltagsgegenstände ästhetisch zu überhöhen und gutes Design für breitere Schichten zugänglich zu machen, war Teil des revolutionären Programms der Secession. A Blick auf Jugendstil-Objekte heute zeigt die unglaubliche Kreativität und den Formwillen dieser Zeit.
Das Fortwirken der Revolution: Mehr als nur Nostalgie
Die Wiener Secession war zwar eine relativ kurze, aber umso intensivere Epoche. Ihre Protagonisten wie Klimt, Olbrich und Wagner starben relativ früh, doch ihr Einfluss reicht weit über ihre Zeit hinaus. Sie haben die Fesseln des Historismus gesprengt und den Weg für die moderne Kunst des 20. Jahrhunderts geebnet. Der Mut, mit Konventionen zu brechen, die Suche nach neuen Formen und die Idee des Gesamtkunstwerks haben nachfolgende Generationen von Künstlern und Designern inspiriert. Wenn i heute durch Wien spaziere und die Bauten von Wagner sehe, im Belvedere vor Klimts ‚Kuss‘ stehe oder das Secessionsgebäude besuche, spüre i immer noch die Kraft dieses ‚heiligen Frühlings‘. Es is ned nur Nostalgie, sondern die Erkenntnis, dass dieser radikale Aufbruch Wien nachhaltig verändert und zu einem Zentrum der künstlerischen Innovation gemacht hat. Die Secession erinnert uns daran, dass Kunst die Kraft hat, Sehgewohnheiten zu verändern, Debatten anzustoßen und die Gesellschaft mitzugestalten – a Botschaft, die heute vielleicht aktueller is denn je.